Die Vertreibung der Sudetendeutschen
Der Name Sudetendeutsche bürgerte sich erst nach der Ausrufung der tschechoslowakischen Republik 1918 ein. Vorher bezeichnete er die
geographische Lage, v.a. im Norden Böhmens, in der bereits seit dem Mittelalter Deutsche siedelten.
Sicherlich kann man die Vertreibung der Sudetendeutschen nur bedingt von der Vertreibung der Deutschen aus den besetzten Gebieten gegen
Ende des 2. Weltkrieges losgelöst betrachten, allerdings gibt es einige wesentliche Unterschiede. Zuerst fällt dabei ins Auge, daß es sich hier um eine Vertreibung von eigenen Staatsbürgern handelt.
Allein der Begriff Vertreibung weist schon darauf hin, daß es sich hier um eine einseitige Aktion handelte, nicht vergleichbar mit dem
erstmalig nach dem 1. Weltkrieg praktizierten Bevölkerungsaustausch zwischen der Türkei und Griechenland. Auch wenn der angebliche Erfolg dieses Bevölkerungstransfers eine maßgebliche Rolle spielte bei der
Lösungssuche, wie mit den Deutschen zu verfahren sei. Eva Schmidt-Hartmann weist in ihrem Artikel auf die Konnotation des tschechischen Wortes odsun und die Schwierigkeiten bei der Übersetzung hin. Odsun sei weniger
mit Vertreibung, Ausweisung, Aussiedlung oder Transfer zu übersetzen, als mit Ausschub. Es gehöre im Grunde nicht zum lebendigen tschechischen Wortschatz, sondern wird seit Ende des Krieges wie eine Neuschöpfung
gebraucht. "Odsun: das suggeriert nach seinem Klang eine alles überwältigende Schubkraft, die jeden Widerstand beiseite räumt." (1) Es handelt sich dabei weder um eine organisierte Umsiedlung innerhalb des
eigenen Staatsgebietes, wie sie Stalin z.B. mit den Wolgadeutschen vornahm, um sie aus der Frontlinie zu nehmen. Noch handelt es sich um eine Rückführung bzw. Zusammenführung von verstreuten, angeblich jedoch
zusammengehörenden Bevölkerungsteilen, wie sie Hitler praktizierte. Die Deutschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben, der sie jahrhundertelang in wechselnden Formen, zuletzt als Staatsbürger, angehörten.
Diese besondere Situation führt auch zu der Aktualität der Frage von Entschädigungen, bzw. Rückübertragungen an die deutsche
ausgesiedelte Bevölkerung, die seit 1945 immer wieder von den sudetendeutschen Verbänden vorgetragen wurde und immer wieder zu diplomatischen Verwicklungen zwischen der CSR und der bundesdeutschen Regierung führte.
(1) Schmidt-Hartmann, Eva; S.178
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